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3.3 Mikrobiologie des Abbaus

Der biologische Abbau von Mineralölkontaminationen beruht auf der Aktivität einer Vielzahl von Mikroorganismen und deren komplexen Interaktionen mit der physikalischen, chemischen und biologischen Umwelt. Die mikrobielle Umsetzung kann schlecht direkt gemessen werden, als Indikatoren dienen die Abnahme der Schadstoffkonzentration oder die CO$ _2$-Produktion.

Eine quantitative Abnahme einer Kontamination kann allerdings auch andere Ursachen haben als bakterielle Degradation. In Frage kommen die Ausgasung von MKW´s (vgl. Abschnitt 2.2.1), Komplexbildung mit der organischen Bodenfraktion, Festsetzung in Mikroporen (vgl. Abschnitt 3.4.2), oder Auswaschung (In Situ). Um diese Effekte von der mikrobiellen Aktivität zu trennen, werden zusätzliche Parameter bestimmt, wie etwa plate counts der koloniebildenden Einheiten oder die Messung charakteristischer Metabolite bei der bakteriellen Umsetzung. Eine umfassende Betrachtung der Methoden zur Messung der Biodegradation von Kohlenwasserstoffen liefern I. Bossert und D. Kosson (1997). 

Kohlenwasserstoffe werden fast ausschließlich von Bakterien und Pilzen abgebaut. Bossert und Bartha (1984)  konnten in Böden 22 Gattungen von Bakterien und 31 Gattungen von Pilzen isolieren. Allerdings scheinen die Bakterien die Biodegradation von MKWs zu dominieren. Song et al (1992) beobachteten, dass 82 % der Mineralisierung von $ n$-Hexadekan in einem Sandboden von Bakterien geleistet wurde. 

Ob Algen, Protozoen, oder andere Vertreter der Bodenfauna einen Beitrag zum Abbau von Kohlenwasserstoffen beitragen, ist weitestgehend unerforscht. Leahy und Colwell (1990) kommen zu dem Schluss, dass diese Bodenorganismen keinen entscheidenden Beitrag zum Öl-Abbau leisten. 

Die mikrobielle Gemeinschaft muss sich nach einer Kontamination an die neuen Bedingungen anpassen. Dazu stehen prinzipiell drei Mechanismen zur Verfügung [Leahy and Colwell, 1990]:

  1. Die Induktion oder die Unterdrückung spezifischer Enzyme

  2. Genetische Veränderungen, die zu neuen metabolischen Fähigkeiten führen

  3. Die zunehmende Dominanz von Organismen, die fähig sind, die neuen Substrate zu verwerten

In Böden gibt es in der Regel eine hohe Diversität von Mikroorganismen, wobei ein großer Anteil auch zum Kohlenwasserstoff-Abbau befähigt ist (z.B. Jensen, 1975).  Die Bodengemeinschaft kann sich daher recht schnell auf neue Substrate einstellen. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Beimpfung von kontaminierten Böden mit speziell an den Ölabbau angepassten Bakterien immer mehr in den Hintergrund tritt [Leahy and Colwell, 1990]. Dies liegt an der erstaunlichen Anpassungsfähigkeit der vorhandenen Organismen. Beim TERRAFERM-Verfahren werden keine speziellen Bakterienkulturen zugegeben.

Die Adaptation an eine frische Kontamination dauert in der Regel mehrere Tage bis Wochen [VanEyk, 1997]. Dies führt zu einer so genannten lag-Phase, in der noch kein Abbau stattfindet. In den Bodenmieten wird eine lag-Phase kaum beobachtet, weil die Schadensfälle bereits älter sind und eine zur Biodegradation befähigte mikrobielle Gemeinschaft schon vorhanden ist.

Die Chemie der Mineralisierung von Kohlenwasserstoffen ist recht kompliziert und umfasst viele Teilschritte. Im Folgenden wird nur ein sehr grober Überblick gegeben. Besonders betont werden solche Aspekte, die für die Konzeptionalisierung des Modells relevant waren. Die Degradation von polyzyklischen Kohlenwasserstoffen wird nicht erläutert, da in dieser Arbeit nur Mineralölkohlenwasserstoff-Kontaminationen modelliert werden. Für ausführliche Betrachtungen siehe zum Beispiel Atlas (1980) oder VanEyk (1997).  Anschließend wird der Einfluss verschiedener Umweltfaktoren auf den mikrobiellen Abbau beschrieben. Das Hauptinteresse liegt dabei auf den beiden Aspekten Sauerstoffversorgung und Bioverfügbarkeit.



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Oliver Loenker