next up previous contents 34
Nächste Seite: 4.2.3 Biodegradation bei Wachstum Aufwärts: 4.2 Mechanistische Modelle Vorherige Seite: 4.2.1 Abbau mit Wachstum   Inhalt


4.2.2 Abbau ohne Wachstum

Wenn die Bakterienzelldichte zu Beginn der Sanierung relativ zur Substratkonzentration sehr hoch ist, kann angenommen werden, dass die Biomasse nicht wächst. Der Abbau wird dann durch die Substratsättigung an den Enzymen kontrolliert. Dieser Zusammenhang kann mathematisch durch die Michaelis-Menten-Kinetik beschrieben werden , die formal der Monod - Funktion ähnelt, in der aber die Wachstumsrate $ \mu$ durch die Reaktionsrate $ \nu$ ersetzt wird.

$\displaystyle \nu = \frac{\nu_{max} *S}{K_m + S}$ (4.6)

$ K_m$ ist die Michaelis-Menten-Konstante, welche analog zu $ K_s$ die Substratkonzentration angibt, bei der $ 0.5 * \nu_{max}$ erreicht wird. Der entscheidende Unterschied zur Monod-Kinetik liegt in der Tatsache, dass die Menge der reaktiven Enzyme als konstant angesehen wird.

Wie oben können auch hier wieder verschiedene Fälle betrachtet werden.

Abbildung 4.2: Schematische Darstellung der Substratabbaufunktionen von unterschiedliche Kinetiken ohne Biomassewachstum
\begin{figure}\begin{center}
\epsfxsize =10cm
\epsffile{figures/abbau2.eps} \end{center}\end{figure}

Wenn $ S_0 \gg K_m$ ist, kann $ \nu$ durch $ \nu_{max}$ angenähert werden. Die Abbaurate ist dann über die Zeit konstant und der Abbau folgt einer Kinetik nullter Ordnung,

$\displaystyle \frac{dS}{dt} = - \nu_{max} * B_0$ (4.7)

wobei $ B_0$ die initiale und konstante Biomasse ist. Der Verlauf des Abbaus ist linear, weil immer genügend Substrat vorhanden ist, um die vorhandenden Enzymsysteme zu sättigen. Dieser Fall kann die Biodegradation in den 35 Schadensfällen nur zu Beginn der Sanierung beschreiben. Später limitiert die Verfügbarkeit der Kohlenwasserstoffe den Abbau.

Im anderen Extrem ist $ S_0 \ll K_m$. Dann fällt die Abbaurate proportional zur sinkenden Substratkonzentration und folgt einer Kinetik erster Ordnung:

$\displaystyle \frac{dS}{dt} = - k * S$ (4.8)

$ k$ ist die Reaktionskonstante 1.Ordnung und beschreibt die prozentuale Rate, mit der das Substrat abgebaut wird.

Im dritten Fall ist $ S_0 \sim K_m$ und der Abbau sowohl von der Substratkonzentration als auch von der Reaktionsrate abhängig. Dieser Zusammenhang kann als Monod ohne Wachstum oder einfach Michaelis-Menten-Kinetik bezeichnet werden.

$\displaystyle \frac{dS}{dt} = - \frac{\nu_{max} * B_0 * S}{K_m + S}$ (4.9)

Wie in Abbildung 4.2 dargestellt, folgt diese Kinetik zunächst einem Verlauf nullter Ordnung um schließlich in einen Abbau erster Ordnung überzugehen.

Diese Kinetik kann den Abbau der Mineralölkohlenwasserstoffe in den 35 Schadensfällen gut beschreiben und wurde daher in einer modifizierten Form im Modellansatz benutzt (vgl. Abschnitt 5.6).

Den Kinetiken ohne Biomassewachstum ist gemeinsam, dass die maximale Abbaurate zu Beginn der Sanierung erreicht wird. Nur bei der Funktion nullter Ordnung wird sie über die ganze Simulationsdauer auf diesem Level gehalten. In den beiden anderen Fällen tritt mit der Zeit eine Substrat-Limitierung ein, welche die Biodegradations-Rate senkt. Diese Konstrukte stimmen gut mit den empirischen Befunden überein.


next up previous contents 34
Nächste Seite: 4.2.3 Biodegradation bei Wachstum Aufwärts: 4.2 Mechanistische Modelle Vorherige Seite: 4.2.1 Abbau mit Wachstum   Inhalt
Oliver Loenker